Geburtstage sind ja eine wunderbare Erfindung: Wir feiern das Leben, wir lassen uns hochleben, wir genießen unseren Tag. Hoffentlich. Je älter mensch wird, desto wichtiger und gleichzeitig auch unwichtiger werden die eigenen Geburtstage. Ich muss manchmal ernsthaft überlegen, wie alt ich eigentlich bin. Ich habe tatsächlich (bisher) so gar kein Problem mit dem Altern, ganz im Gegenteil: Ich habe das Gefühl, mit ein paar Fältchen mehr im Gesicht und ein paar Pfunden mehr auf den Hüften werde ich ernster genommen in meinem Sein und Tun. Gut, vielleicht nehme ich mich auch einfach selbst bewusster wahr und meine Präsenz hat sich weiterentwickelt und dem entsprechend ist die Resonanz ja dann auch anders. Wie dem auch sei: Als Kind konnte ich kaum schlafen, aus lauter Vorfreude auf meine Geschenke und den Zitronenkuchen, den meine Mama immer gebacken hat und das Kerzen auspusten und wegen des bevorstehenden Kindergeburtstages, wie aufregend!
Auch Geburtstage von anderen finde ich toll: Ein neues Lebensjahr voller Abenteuer und schöner Momente steht bevor, lasst uns das Leben feiern! Frei und wild und wunderbar!
Und Geburtstage bringen einfach immer auch Todestage mit sich, das ist der Lauf des Lebens, Circle of life und so.
Letzte Woche war das dann eine ganz schöne Herausforderung für mich mit dem Feiern von Leben und Tod. Meine geliebte kleine Katze stirbt einen Tag nach dem Erinnerungstodestag meiner geliebten Hündin. Todestage sind für mich ja immer schöne Erinnerungstage, die mich zum Lächeln aber auch zum traurig sein animieren, weil sie einfach nicht mehr da sind, die Verstorbenen, egal ob Mensch oder Tier: Sie fehlen einfach.
Dann hatten in dieser Woche auch noch mein Vater und mein Hund Geburtstag. Wie schön, sollte man meinen, das sind doch feine Ausgleichsfeierlichkeiten. Bei meinem Hund ist das auch so, happy happy Birthday, bester Begleiter! Du sollst hochleben! Tausend Mal hoch! Schön, dass Du da bist!
Bei meinem Vater fühlt sich das immer so ein bisschen ambivalent an: Wir feiern ja nicht zusammen. Genau genommen machen wir gar nix zusammen. Und es gab Phasen in meinem Leben, da wäre mir ein Todestag ganz ehrlich lieber gewesen. Da hätte ich nämlich einfach traurig sein können, dass er nicht mehr da ist, mein Papa, das wäre manchmal gefühlt die einfachere Lösung gewesen. Mein Vater ist aber da. Also hier, auf diesem Planeten.
Nur leider nicht für mich. Meine Therapeutin sagt, wenn er könnte, würde er. Ich sage, wenn er wollte, würde er. Nur leider ist er in all seinen psychischen Dingsdas so verstrickt, dass er den Weg nicht mehr findet. Mittlerweile glaubt er ja längst selbst, was er denkt. Also kann er jetzt wahrscheinlich wirklich nicht mehr, da hat sie wohl doch recht, meine Therapeutin. Er hat sich in meinem Tochterempfinden einfach mal selbst im Stich gelassen. Und damit auch uns, meine Schwester und mich.
Das würde mein Hund ja nie tun: Er würde mich niemals nie im Stich lassen. Und somit scheint es mir irgendwie Schicksal zu sein, dass der, der mich niemals nie im Stich lassen würde am selben Tag Geburtstag hat, wie der, der mich so sehr im Stich gelassen hat. Verrückt.
Aber ohne meinen Vater wäre ich ja auch gar nicht in dieser Version hier. Und so kann ich an diesem besonderen Spezialgeburtstagstag dann also doch das Leben feiern: Happy Birthday, Papa!
Wir haben immer eine Wahl.