peppy und ich
30. Mai 2023

45: Vom Himmel gefallen

Ich schaue mir für eine Kundin Pferde auf einer Ranch an. Bei meiner Recherche ist mir auf der Hompage des Züchters eine einjährige Stute in den Blick gefallen: Zack, verliebt. Aber die ist nichts für meine Kundin, sie sucht ein gerittenes Pferd.

Als wir auf dem Hof sind spaziert sie ständig durch meinen Kopf, die kleine Stute. Zum einen habe ich gerade wirklich kein Geld für ein Pferd, zum anderen befinde ich mich derzeit mitten in einer großen Veränderungsphase, in der langfristige „Anschaffungen“, die viel Geld und Zeit und Aufmerksamkeit kosten und ziemlich lange Teil meines Lebens sein würden, so völlig fehl am Platze.

Und dann höre ich mich sagen: „Kann ich die kleine braune von Eurer Homepage mal sehen?“

Und da hüpft der Flummi auch schon vor mir durch die Reithalle und ich bin verloren. Restlos.

Eine Freundin hat zufällig gerade Geld geerbt und so fällt auch das in meinen Schoß – leihweise, zinsloser Freundschaftskredit quasi. Ich habe nicht danach gefragt, es wedelte vor meiner Nase, das Geld für das teuerste Pferd, was ich je gekauft habe. Und unvernünftig wie ich bin oder vielleicht auch naiv oder voller Vertrauen und Hoffnung oder vielleicht ist es auch einfach nur Schicksal gehört mir nun also SR Peppy Starlight.

Sie steht gerne auf der anderen Seite des Zaunes unserer Herde und während die Großen sich aufregen, weil das geht doch nicht, frisst sie genüsslich und sehr entspannt weiter. Gemütlich haut sie im Schritt ab, wenn ich sie einfangen möchte und wie sie da genau durch den Zaun gekommen ist, weiß eigentlich auch niemand: Nix kaputt. Ihr Sohn praktiziert das Zauberstück viele Jahre später übrigens genauso, ich schätze, sie können sich unsichtbar machen oder so.

Meine Mona und ich nehmen Peppy oft als Handpferd mit in den Wald oder sie läuft frei, es ist einfach wunderbar! Es ist das entspannteste Anreiten, das ich je erlebt habe und ich frage mich, warum ich mich in meinem Ausbilderinnenleben eigentlich so oft so angestrengt habe.

Das erste Reitjahr verbringen wir in erster Linie im Wald und weil wir oft mit einer Traberstute unterwegs sind, wird meine kleine Cutting-Reiningstute ebenfalls zur Traberin, das kann sie bis heute hervorragend.

Spannend wird es erst, als ich die Idee habe, dass wir jetzt mal ins echte Training einsteigen könnten. Das sieht Peppy anders: Während andere Pferde in der Halle sind, die nicht immer zufrieden mit ihrer Arbeit und ihren Reiter:innen wirken, kann sie sich nicht konzentrieren und schon mal gar nicht arbeiten. Und zeigt mir mehr als deutlich, was sie davon hält. Alle Profis an der Bande sind sich einig: Ich sollte dieses Pferd verkaufen, die bringt nichts.

Ich reite Peppy jetzt immer früh morgens oder spät abends, wenn wir alleine in der Halle oder auf dem Platz sind, das tut auch mir gut.

Wenn Peppy einen Termin hat zum Beispiel beim Hufschmied und aber lieber was Besseres also zum Beispiel auf der Wiese stehen und essen möchte, macht sie das. Meine Mitarbeiterin teilt mir nach einer einstündigen Einfangversuchsession mit, ich könne mein Scheißpferd jetzt selber einfangen, sie hätte jetzt wirklich keine Nerven mehr.

Als wir später in die Region Trier ziehen, in einen kleinen Offenstall, verliebt Peppy sich in einen großen Braunen und findet, wir sollten einfach nur noch bei ihm sein Da ich gerne auch unabhängig von unseren Männern ausreiten möchte, zeigt sie mir, was sie sich sonst noch so kann, und steigt kerzengerade in die Luft. Puh. Hier ist meine Grenze erreicht, ich bekomme Angst. Zwar nicht vor meinem Pferd aber der Gefahr, die diese Stuntaktionen mit sich bringen. Ein Kollege hat sich bei der Gelegenheit tödlich das Genick gebrochen und ein Kunde von mir das ein oder andere Mal mit seiner Stute überschlagen, das ist nicht meine Liga. Und jetzt?

Ich kaufe mir eine Weste und einen Helm, das erste Mal in meinem Leben. Und beschließe: Das löse ich oder ich verkaufe mein Traumpferd.

Das war kein Schatten, über den ich da gesprungen bin. Ich habe meine Welt verlassen und bin in Peppys Welt eingetaucht. Sie hat mich Demut und Hingabe und bedingungslose Liebe gelehrt.

Und mehr als einmal hat sie mich dazu gebracht, alle meine Ausbildungskonzepte und Erfahrungen über den Haufen zu werfen und es ganz anders zu machen.

Ich danke ihr unendlich dafür. Und hoffe noch so viel zu lernen, mit ihr, durch sie, für mich und für alle. Denn in Peppys Welt dürfen alle so sein, wie sie sind.

Wenn sie heute wiehernd und brummelnd zu mir kommt, wir alles machen können, wir zwei, wirklich alles, wenn wir zwei gemeinsam unterwegs sind, mein Ferrari und ich und in diesen Momenten die Welt stillsteht, weiß ich, dass es sich lohnt bedingungslos zu lieben.

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