Ist ja wirklich relativ. Manchmal habe ich das Gefühl, wenn ich abends meinen Kopf wieder aufs Kissen lege, dass ich eigentlich gerade vorhin noch hier gelegen habe. Dazwischen habe ich dann zwar gefühlt tausend Dinge gemacht, aber es ist auch alles so wie einige Stunden zuvor. Andersrum ist es ja noch viel schlimmer: Wenn ich morgens aufwache, fühlt es sich an, als sei ich soeben erst ins Bett gegangen.
Wenn ich meine Zeit mit Aktivitäten verbringe, die ich sehr gerne mache, fühle ich mich oft wie ein Kind: Das möchte ich jetzt für immer und ewig so weiter machen. Weil es so unglaublich schön ist. Und wenn ich etwas tue, was keinen Spaß macht, vergeht die Zeit einfach nicht. So wie damals in Mathe. Da habe ich mich echt so oft gefragt, ob meine Uhr kaputt ist. War sie natürlich nicht, klar.
Zum Glück verbringe ich heute viel Zeit mit all dem, was mir Spaß macht und Freude bereitet. Und man weiß ja auch wirklich nie, ob es das letzte Mal ist. Also ich denke jetzt nicht die ganze Zeit: Oh, heute mache ich zum letzten Mal das und das. Und ich gehe tatsächlich auch erst Mal davon aus, dass ich uralt werde. Aber man weiß ja nie. Und es betrifft ja auch nicht nur mich. Ich meine, wenn ich dann doch unerwartet einfach mal so sterben sollte, ist das ja dann auch nicht mehr mein Problem sondern eher das Problem derjenigen, die zurück bleiben. Ich stelle mir ja manchmal vor, was so auf meiner Beerdigung abgehen würde. Und was so ohne mich laufen würde. Und am Ende wäre es ja sowieso wieder völlig anders, wie immer. Daher ist das ja auch eigentlich sinnlos sich das vorzustellen. Kann aber auch ganz schön sein, da fällt mir dann nämlich ein, wer möglicherweise alles kommen würde, zu meiner Beerdigung und was die nach meinem Tod aus all dem was und wen ich da so zurücklasse so machen würden. Voraussichtlich werde ich es nie erfahren. Aber man weiß ja nie.
Nun war es auch schon mal andersherum. Vor vielen Jahren ist ein guter Freund von mir bei einem Unfall verstorben. Ich habe ganz lange gedacht, dass das gar nicht stimmt. Ich habe quasi auf ihn gewartet. Seiner Stimme auf seinem AB zugehört, wenn ich erfolglos bei ihm angerufen habe. Darauf gewartet, dass er nur einen seiner blöden Scherze macht, die nur er lustig findet. Bis ich auf dem Friedhof war. Und sein Name auf dem Grabstein stand. Da wurde es dann doch Realität.
Und weil das so ist, manchmal so unerwartet und so ohne Vorwarnung und manchmal auch mit Vorwarnung und dann ja trotzdem einfach nur scheiße ist, wenn jemand, der einem wichtig ist einfach so stirbt, also auch wenn man sich dann noch verabschieden kann, weil derjenige krank ist und man weiß dass er stirbt, dann ist sie ja immer noch gefühlt eine sehr große Ungerechtigkeit diese Ohnmacht, dass man nichts tun kann. Außer akzeptieren. Und lernen damit zu leben, weiterzuleben.
Ja und genau deswegen glaube ich, dass es so wichtig ist, zu tun was Spaß macht, allein und mit denen, die wichtig sind. Lebenszeit und so. Denn vorm Sterben musste leben. Carpe Diem.