Da kommt einfach so jemand auf die Welt, mit dem man von nun an alles teilen muss: Die Mama, die Oma, das Leben. Wir haben viele Jahre ja irgendwie gezwungenermaßen miteinander verbracht und hatten beide keine Wahl: Wer bitte sucht sich seine Geschwister aus? Die sind einfach da, damit musste klarkommen, fertig. Und dann gewöhnt man sich ja auch aneinander. So ganz einfach war das für meine jüngere Schwester glaub ich auch nicht immer: Einmal ich vor ihrer Nase, die große Schwester. Und dazu kam noch unser Cousin, der noch etwas älter ist. Wir haben viele Jahre viel Zeit zu dritt verbracht, also so eine Art großen Bruder hatte sie dann auch noch dazu. Wenn sie kurz davor war bei „Mensch ärgere Dich nicht“ zu verlieren, hat sie gerne mit dem Arm das Spielbrett leergefegt und: „Ich spiel nicht mehr mit!“ rufend die Arena verlassen. Meine kleine Schwester.
Später hätten wir uns tatsächlich optimal wieder eine Wohnung teilen können: Sie als in der Gastro arbeitende Nachtschwärmerin und ich als Pferdewirtin, die morgens früh am Start war und abends todmüde vom Tagewerk eingepennt ist. Ein Bett hätte gereicht und wir wären uns wahrscheinlich nie in die Quere gekommen. Wenn wir näher beieinander gewohnt hätten.
Als sie dann noch weiter in den Norden gezogen ist und geheiratet hat und ich mich selbständig gemacht habe, waren wir dann auch beide sehr mit uns und unseren Leben beschäftigt. Und hatten wieder nicht so viel Zeit miteinander.
Irgendwann hatten wir dann die Idee, dass es doch fein wäre, einmal im Jahr gemeinsam zu verreisen: Unsere Mutter und wir. Das waren spannende Trips. Weil wir ja alle wir selbst sind. Im Nachhinein betrachtet finde ich es auch ganz schön mutig von uns, uns in dieser brisanten Konstellation auf den Weg zu machen. Wir reden heute alle immer noch miteinander. Und ich bilde mir ein, es wird immer besser, je älter wir werden. Vielleicht auch erwachsener, wer weiß das schon.
Letztes Jahr kam dann auch noch die next generation mit: Meine Schwester hat ein kleines, süßes Stutfohlen mit in unsere Herde gebracht. Und die hat es mit ihren jetzt sechs Jahren schon so richtig drauf. Ich glaube da ist bestimmt irgendwas mit Karma und so, jedenfalls liebe ich sie auch sehr, diese kleine, freche Menschenkatze. Ich bin jetzt also die Tante mit dem Reiterhof.
Eine Freundin, die meine gefühlte Schwester ist, habe ich auch. Das ist ein großartiges Gefühl, weil die sucht man sich ja aus, diese Schwesternfreundin. Und dann hatte ich auch immer mal wieder Freundinnen, auf die ich mich schwesterlich eingelassen habe. Da war so eine Resonanz. Und dann hat es aus verschiedenen Gründen nicht mehr gepasst und die Wege haben sich wieder getrennt. Manchmal geht man nur ein Stück des Weges gemeinsam, manchmal für immer. Das weiß man ja auch vorher nicht, wie sich das so entwickelt meine ich. Also wie die Menschen sich so entwickeln. Inklusive mir selbst.
Schwestern im Geiste und im Herzen sind ja auch das, was unsere weibliche Welt so dringend braucht. Finde ich. Wer braucht schon diesen neidischen Zickenkrieg, dieses üble Rumgelästere und diese weibischen Machtspielchen? Seelenschwestern machen so was nicht. Die helfen sich auf, richten sich gegenseitig die Krönchen, klopfen Dir den Staub aus den Federn und legen sich neben Dich, wenn Du am Boden bist. Und betrachten von hier aus gemeinsam mit Dir die Sterne.
Aber eine bleibt immer die eine. Auch die habe ich bereits mehrfach zum Mond oder sonst wohin geschickt, weil das eben gerade so war. Wir kommen ja beide vom Planeten Neuner. Aber wer sonst sollte mich so nah fühlen und möglicherweise so was wie verstehen, wenn ich erzähle? Wer sonst kann die Geschichten so sehr in echt erlebten Bildern mit mir teilen? „Weißt Du noch?“ Ja.
So eine Schwester hat man ja für immer im Herzen. Da machste nix. Und das ist auch gut so.