Bähm, ich hab’s immer gewusst: Meine Zeit fließt schneller als die von anderen. Also Lebenszeit meine ich jetzt. Ich lebe nämlich in FIFA – Minuten. Ein FIFA – Spiel mit der PS 4 dauert 45 Minuten aka 6 Minuten Echtzeit. Endlich habe ich eine Erklärung dafür, warum ich manchmal das Gefühl habe, dass die Zeit nur so verfliegt. Gerade erfolgreich aufgestanden liege ich gefühlt schon wieder in meinem Bett. Stiefsohn zwei hat jetzt eine neue Technik entwickelt: Er schläft einfach schneller sagt er, dann ist man ausgeschlafener. Das probiere ich auch mal.
Als ich noch zur Schule ging habe ich regelmäßig geglaubt, meine Uhr sei stehen geblieben. Da schaue ich auf das Ziffernblatt und es ist genau eine Minute vergangen und nix ist passiert. Eine Ewigkeit später dasselbe. Man, da waren 45Minuten Physik oder so eine ewige Ewigkeit. Zeit ist eben relativ.
Heute habe ich versucht, ein Ticket für eine Therme online zu buchen. Dingeling, Daten Daten Daten eingeben, bestätigen, einwilligen, ja, gerne auch noch den Newsletter wenn es dann noch eine extra Vergünstigung gibt, ja, meinen Gutscheincode mit 100 Buchstaben in Groß- und Kleinschreibung sowie diversen Zahlen gebe ich auch ein, danke, vertippt, noch mal, ja, bitte gerne Sofortüberweisung, oh je, das möchte das System heute nicht, noch mal alles eingeben bitte.. häh? Jetzt hat es den Gutschein doch nicht abgezogen und den regulären Betrag per irgendwas abgebucht? Und ich bin auch noch verantwortlich, weil es hat es mit Sicherheit irgendwann irgendwo angezeigt und ich habe es, weil ich so genervt bin, überlesen überklickt ich weiß nicht was. Gefühlte 7000 Minuten später entscheide ich mich erwachsen zu sein und weder mein iphone noch meinen begleitenden Fahrer aus dem Auto zu werfen, der kann ja am allerwenigsten dafür. Die Hotline hottet viiiiiiele Minuten heiß, ohne, dass wir etwas erreichen. Wir fahren hin und klären den Irrtum vor Ort. Mit Menschen sprechen hilft ja meistens ganz gut. War dann auch ganz leicht zu klären. DANKE liebe Frau an der Kasse! You made my day! Mit Ihnen habe ich gerne meine Lebenszeit verbracht. Mit Onlinesystemen, die mich in den Wahnsinn treiben, ohne dass es sie auch nur im Geringsten interessiert, weil sie ja Systeme sind, wie sollen sie da auch meinem menschlichen Dasein Beachtung schenken, verbringe ich jetzt keine Lebenszeit mehr. Neulich habe ich im www Stühle bestellt. Und habe die gleich zwei Mal geliefert bekommen. Und weil ich vorab irgendwann in dem ganzen undurchsichtigen und chaotischen E-Mail – Wirr – Warr der Firma gemerkt habe, dass da ein zweites Mal zwanzig Stühle auf dem Weg zu mir und meinem Seminarraum sind, habe ich VERSUCHT, es zu verhindern. Anrufen ging nicht, E-Mail schreiben war vergeblich, Kontakt über den Bezahlservice war ebenfalls unmöglich, Service gabs da gar nicht und jetzt habe ich viele viele Emails zur Abwicklung der Rücksendung erhalten und bin bemüht, keine Kosten für den nicht Service zu tragen. Da fliegt mir gefühlt die Zeit um die Ohren. In der ich viel sinnvoller durch den Wald reiten oder Kopfstand oder so üben könnte. Oder über Zeit schreiben. Oder was anderes. Das mache ich nämlich sehr gerne, meine Zeit sinnvoll investieren.
Und wenn man dann so Sachen gelöst hat, verbringt man ja auch noch Zeit damit darüber nachzudenken. Und davon zu erzählen. Und das frisst ja dann noch weitere wertvolle Lebenszeit.
Dann ist der die oder das, worüber ich mich aufrege, schon längst nicht mehr da, Vergangenheit, geschehen, vorbei. Und meine Aufmerksamkeit fließt immer noch dahin. Nee, mach ich jetzt nicht mehr. Echt nicht. Ich konzentriere mich ab jetzt lieber auf die schönen Momente. In denen ich glücklich bin. Die mich auch später noch lächeln lassen. In denen die Zeit still steht, weil sie so wertvoll sind. Und nie wieder kommen. „Ich kann nicht lange bei Dir bleiben. Dafür lege ich Dir eine Erinnerung in Dein Herz“, flüsterte der Glücksmoment. Relativ schöne Idee finde ich.